Ich möchte Euch nicht erzählen, wie man mit schönen Schirmen und bunten Gummistiefeln tolle Bilder im Regen macht. Nein. Vielmehr möchte ich Euch erzählen, wie der positive Grundgedanke Eure Hochzeit perfekt werden lässt.

Bonn. Es ist die Hochzeit von Vicky und Chris. Es regnet. Ununterbrochen. Und keine Besserung in Sicht. Am Ende des Tages, als ich gehe, sagt Vicky zu mir: "Mel, ich liebe meine Hochzeit so sehr. Was ist schon der Regen? Wir leben gerade einfach nur von Luft und Liebe!"

Als ich die Location verlasse und nach Hause fahre sehe ich immer noch ihren total erfüllten Blick vor mir. Sie hat alles so genommen, wie es an diesem Tag gekommen ist. Denn nur so konnte es ihr Tag werden. Ihrer und der von ihrem Mann Chris.

***********************************************************************

Der Antrag ist gemacht. Ab jetzt schweben Paare, die vor haben zu heiraten, auf Wolke Sieben. Mit diesem Gefühl beginnen auch die Planungen rund um den großen Tag. Die Location wird gesucht, der Fotograf getroffen und beschnuppert. Diese Planungen sind viel Arbeit, denn es soll ein besonderer Tag werden, eben so einer, wie er im Bilderbuch steht. Es ist, als stünde dort an der Wand geschrieben "DER PERFEKTE TAG!"

Nur die Frage ist, wann ist ein Tag eigentlich so richtig perfekt?

Die Planungen laufen, 1 ganzes Jahr lang. Viele Dienstleister werden gesucht und gefunden - jeder trägt etwas dazu bei, dass es perfekt wird. Nur vergessen wir, dass perfektes nie perpfekt sein kann, denn irgendwelche Umstände bringen uns stets dazu, anders zu reagieren, anders zu handeln, anders zu empfinden als wir eigentlich geplant haben.

Können wir alles planen? Das Leben ist nicht planbar. Nie und zu keiner Zeit. Einen Plan B in der Tasche zu haben ist immer gut. Was aber, wenn auch Plan B nicht funktioniert?

Die meisten Paare haben den Traum vom Heiraten im Sonnenschein. Der Mythos für gute Fotos bei praller Sonne ist schon länger ad acta gelegt worden. Wir Fotografen freuen uns übrigens immer über einigermaßen bewölkte Himmel und die Abendsonne. :) Ist eine Hochzeit immer dann erst perfekt, wenn die Sonne scheint und es nicht regnet?

Als ich die Party von Vicky und Chris verlassen habe, wusste ich, warum ich diese beiden Menschen begleitet habe. Die positive Grundeinstellung zum Leben und zu diesem einen Tag habe ich direkt beim Vorgespräch schon spüren können.

*******************************************

Angefangen hatte alles schon beim Getting Ready. Es regnete. Dicke Wolken bescherten uns alles andere als gutes Licht in den Wohnungen. Wir mussten nehmen, was da war - also das Fenster, vor dem so ziemlich alles stattfand. Vicky war zu keiner Zeit betrübt. Sie freute sich sehr auf den Tag, und vertraute mir. Abgesehen vom schlechten Wetter gingen schon beim Getting Ready ein paar andere Sachen schief. Vicky war durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Immer dachte ich - WOW! Zwar versuche ich immer bei den Vorgesprächen genau DAS zu vermitteln, aber dennoch ist es halt schwer, die Ruhe zu bewahren, wenn mal etwas nicht so klappt wie man es sich eigentlich vorgestellt hatte. Es ist nie einfach - wie auch?! Man hat Träume und Wünsche. Enttäuschung ist eine ganz normale Reaktion auf Dinge - man hofft bis zum letzten Moment. Möge doch bloß nichts schief gehen!

Die Kirche.

Eine Kirche, die Einen Staunen lässt. So etwas hatte ich bisher nicht gesehen. Details überall. Dann, das Cello spielt. Begleitet von Klavier. Vicky kommt den Gang entlang. Ihr Papa kann nicht nach oben sehen, weil er so gerührt ist. Ich habe gedacht ich sterbe. So viel Emotion, so viel Gefühl. Eine großartige Messe. Wenn der viele Regen nicht wäre. Geplant waren Blumenkinder, die das Paar bis nach Draußen begleiten. Draußen warten die Gäste, um das strahlende Paar zu begrüßen. Überall sollten Rosenblätter fliegen. Die Realität sah leider anders aus. Strömender Regen.

"Wir lassen es ausfallen - ist egal - es ist einfach zu nass. Kommt, wir fahren alle zur Location und feiern!" BÄMM! DAS fand ich ja jetzt geil.

Es wurde weder groß gezögert oder noch überlegt, wie man diesen kleinen Traum vom Austritt aus der Kirche irgendwie trotz Allem hätte umsetzen können. Für Vicky war klar - so geht es halt grad nicht - also weiter!

Die Location. Ich kam dort an wie ein begossener Pudel. Mein Rock war bis ins untere Drittel mit Wasser gezogen, meine Kameras halb nass unterm Regenschirm. Mich persönlich stört sowas nie, denn ich mag es stets danach zu leben, was kommt, und ich passe mich gerne an. Denn ändern kann man das Leben halt einfach nur bedingt.

Eine Gratulation, wie sie Schöner nicht hätte sein können. Tränen, Umarmungen - und auch, wenn alle nass waren - es hat einfach niemanden gestört. Emotionalität vor begossener Pudel. Freude vor Trübsal. Liebe vor Gram.

Das Brautpaarshooting. INDOOR. Wir hatten nur ein einziges Fenster. PERFEKT! Und das war beinahe zeitgleich das Wort, was Vicky und ich aussprachen, als wir das Fenster sahen. Was ist schon perfekt? Jetzt gerade? Genau DIESES Fenster. Natürlich wären Fotos im Freien auch echt toll gewesen. Aber was kann denn perfekter als perfekt sein, gerade jetzt einen trockenen Platz für ganz viel Liebe für ein paar Minuten zu erhaschen? Es geht nicht perfekter. Das Fenster war einfach gerade zu dem Zeitpunkt perfekt umperfekt. Es kam quasi wie gerufen :)

Die Gäste betreten den pompösen Saal. Überall liegen Regenschirme. Natürlich fotografiere ich sie, denn sie sind ein perfektes Motiv für mich. Wer fotografiert an Sonnen-Hochzeiten schon die Sonne?

Es gibt nichts perfektes im Leben. Es kommt immer darauf an, wie wir mit Dingen umgehen, wie wir sie gestalten, wie man sich Dingen, die man nicht ändern kann, anpassen wollen. Wir können Dinge, die wir nicht ändern können, akzeptieren. Und auch sie schreiben heute eine Geschichte, die unsere ist. Ganz egal, ob sie so war, wie wir sie uns vorgestellt haben, oder ob sie so ganz anders passiert.

Mit einer gewissen Portion Optimismus und Vertrauen in uns selbst erschaffen wir unseren eigenen Augenblick. Und auch an diesen werden wir uns ewig positiv und mit positiven Gedanken erinnern. Vielleicht lachen wir heute sogar darüber und freuen uns, dass es so passiert ist, und nicht anders.

Ich freue mich jetzt schon, den Beiden ihr Weddingbook zu gestalten und noch einmal diese wunderbare Positivität zu fühlen, die die Beiden an diesem Tag versprüht haben. Sollten wir öfter einfach das annehmen, was ist. Und daraus stets das Beste machen!